Br. Brian Thomas: „Silvester hat viel mit Sehnsucht zu tun“

Episode 69,   Nov 20, 07:30 AM

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Wo Sehnsucht und Neubeginn sich treffen: Silvester im Kloster mit Br. Brian Thomas


Haben Sie schon mal überlegt, Silvester im Kloster zu feiern? Statt Party und Lärm Stille und Gebet. Statt Champagner und Bleigießen stehen Reflexion und Vision im Vordergrund. „Jahreswechsel mal anders“ bietet etwa das Kapuzinerkloster Salzburg an. Br. Brian Thomas erzählt in der neuen Podcast-Folge Orden on Air, wie das Programm aussieht, wer teilnehmen kann und warum ein Jahreswechsel im Kloster „den Rucksack leichter machen kann“.

Sehnsucht nach Rückblick und Neubeginn 

„Silvester hat viel mit einer Sehnsucht zu tun“, ist Br. Brian Thomas überzeugt. Man will zurück-, aber auch nach vorne schauen,  Ballast abwerfen und sein Leben neu ausrichten. Gestärkt und „mit einem leichteren Rucksack ins neue Jahr starten“. 

Das Programm der Veranstaltung soll die Teilnehmenden darin unterstützen. Im ersten Teil reflektiert man gemeinsam das Alte: „Uns begleiten die Fragen: Was ist im letzten Jahr passiert, was war gut, was weniger“, erklärt der junge Ordensmann. „Es geht um das Sortieren, zur Ruhe kommen.“ Hier hilft der sogenannte Wüstentag am dritten Tag, „ein Tag der Stille“, auf dem die Teilnehmenden dazu ermutigt werden, gestärkt mit spirituellen Impulsen in die Stille, in die Natur und in die Reflexion zu gehen. 

Unerlöst ins neue Jahr – nein danke!

„Je näher wir dem Jahreswechsel kommen, desto mehr geht es uns darum, ganz bewusst in die Zukunft zu schauen“, sagt Br. Brian. „Mein Wunsch ist,  dass die Menschen mit einer klareren Vision ins neue Jahr starten und weniger mit konkreten Zielen.“ Diese Ziele hängen oft mit dem Thema Selbstoptimierung zusammen und der Frage nach dem „besser werden“. „So geht man sehr unerlöst ins neue Jahr“, ist Br. Brian überzeugt. 

Menschen müssen sich nicht ständig selber optimieren oder glauben, Liebe irgendwie verdienen zu müssen. Das sind oft Kindheitsmuster, die man schwer loswird und die „gerade in der Altersgruppe als junge Erwachsene, wie unsere Teilnehmenden sind, wieder präsenter werden“. 

 Hier hilft es seiner Erfahrung nach im Gebet, Gemeinschaft und Stille auch „darauf zu schauen, was hat Gott mir eigentlich zu sagen in meinem Leben“. 

300 Stufen zu Stille und Reflexion

300 Stufen sind es, die die Teilnehmenden von „Jahreswechsel mal anders“ zum Kapuzinerkloster emporsteigen müssen. Belohnt werden sie mit einer einzigartigen Aussicht auf die Salzburger Altstadt sowie einer begleiteten Auszeit zu Silvester, die gleichzeitig Rückschau und Neubeginn ist. „Und immer auch getragen von der Frage, wo Gott eigentlich in meinem Leben ist“, bekräftigt Br. Brian Thomas. 

Dem gebürtigen Deutschen ist bewusst, dass Silvester feiern im Kloster im ersten Moment wie ein Widerspruch klingt. Aber: Die Nachfrage ist groß, „es gibt eigentlich immer mehr Anmeldungen als Plätze“, bestätigt Br. Brian, der dieses Jahr den Jahreswechsel zum ersten Mal begleitet. Er weiß von Erfahrungen von vergangenen Feiern: „Silvester hat einen besonderen Touch. Menschen nutzen diese Zeit gern, um in sich zu gehen.“ 

„Zudem haben Menschen ein bestimmtes Bild vom Kloster im Kopf“, ergänzt Br. Thomas, „dieses sei oft fast romantisch und nicht selten sind Menschen überrascht, wie anders es ist. Statt Stille und Gebet und Fasten nehmen die Leute an unserem Familienleben teil.“ Sie wohnen Tür an Tür mit den Brüdern und „unser Tagesrhythmus an Gebet, Gemeinschaft, Mahlzeiten und Stille sind auch das Grundgerüst dieser Tage zu Silvester“. 

„Wir öffnen nicht nur die Türen unseres Klosters, organisatorisch, räumlich, sondern auch die Türen unseres Herzens, nehmen  Menschen hinein“, sagt Br. Brian

Junge Menschen auf der Suche 

Das Angebot der Veranstaltung richtet sich bewusst an junge Menschen zwischen 18 und 35 Jahren: „Junge Erwachsene haben andere Fragen im Leben als Ältere. Sie teilen ähnliche Grundfragen: Wohin geht die Reise  wie stehe ich in der Gemeinschaft, wer bin ich eigentlich?“  Besonders freut ihn, dass vor allem die Gen-Z ein neues Interesse an Religion und Tradition entdeckt hat und „seit Corona auch das Wissen, wie wertvoll Gemeinschaft ist, teilt“. 

Abgesehen vom Alter wird aber niemand ausgeschlossen, alle sind willkommen –Männer, Frauen, „wir haben heuer auch schon eine Anmeldung von einer evangelischen Person“. Auch die Kosten sollen niemanden abschrecken, es wird um eine freiwillige Spende gebeten. 

Die Teilnehmenden der vergangenen Jahre waren keine homogene Gruppe, ganz im Gegenteil: „Es war eine bunte Mischung. Es gibt welche, die eine starke kirchliche Beheimatung haben. Und dann gibt es Leute, die keine kirchliche Bindung haben und ins Kloster kommen, um hier spirituelle Erfahrungen zu machen.“

Sekt und Feuerwerk

Zu Silvester selber werden dann um Mitternacht natürlich auch bei den Kapuzinern die Korken knallen und gemeinsam feiert man den Jahreswechsel mit der Aussicht auf das Feuerwerk der Stadt. „Das ist schon sehr beeindruckend“, weiß Br. Brian. 

Er weiß auch schon, was er sich dieses Jahr zu Silvester wünscht: „Ich hoffe, dass die Menschen, wenn sie hier wieder runtersteigen, das mit leichteren Rucksack tun und gestärkt ins neue Jahr gehen.“